Oberlandesgericht Köln, 6 U 131/17
Datum: 13.04.2018
Gericht: Oberlandesgericht Köln
Aktenzeichen: 6 U 131/17
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 14 O 336/15
Tenor:
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 24. August 2017 verkündete Urteil der 14. Zivilkammer des Landgerichts Köln – 14 O 336/15 – teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 650,34 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14.1.2016 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen der Kläger zu 1/10 und der Beklagte zu 9/10, die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
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G r ü n d e :
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I.
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Der Beklagte hat in 2012 auf seiner Webseite H.pro das Lichtbild „T“ des Klägers benutzt, welches dieser auf der Internetseite wikimedia.org unter der Creative Commons License „B“ kostenlos zur kommerziellen wie nicht-kommerziellen Nutzung zur Verfügung gestellt hatte wie aus der Anlage LHR 2 ersichtlich. Die Bedingungen hat der Beklagte unstreitig nicht eingehalten. Eine Urheberbenennung erfolgte lediglich im Rahmen des Impressums ohne Zuordnung zum Lichtbild.
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Mit Schreiben vom 14.8.2012 schrieb der Kläger den Beklagten persönlich an und versandte verschiedene Mahnungen. Unter dem 1.12.2015 ließ er ihn anwaltlich abmahnen.
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Der Kläger hat behauptet, er sei Berufsfotograf und lizenziere das diesem Rechtsstreit zugrunde liegende Lichtbild zu einem Nutzungsentgelt von 500 €. Er halte einen Lizenzkatalog vor, nach dem er abrechne. Ferner hat er Rechnungen aus 2015 vorgelegt und behauptet, dass sich hieraus der Abschluss von Lizenzverträgen in behaupteter Höhe ergebe.
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Nachdem der Beklagte unter dem 5.2.2016 eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben hat, haben die Parteien übereinstimmend den ursprünglich geltend gemachten Unterlassungsanspruch in der Hauptsache für erledigt erklärt.
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Der Kläger hat daraufhin nur noch Zahlung von Schadensersatz iHv 1.000 € nebst Zinsen und Mahnkosten iHv 121,98 € zzgl. Zinsen iHv 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.12.2015 sowie vorgerichtliche Abmahnkosten iHv 650,34 € zzgl. Zinsen iHv 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.12.2015 beantragt.
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Mit Urteil vom 24.8.2017 hat das Landgericht den Beklagten verurteilt, an den Kläger 100 € Schadensersatz nebst Zinsen iHv 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.2.2014 zu zahlen sowie ihn zur Zahlung der beantragten Abmahnkosten nebst Zinsen seit dem 14.1.2016 verurteilt. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.
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Die Berufung hat es zugelassen.
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Mit seiner Berufung wendet sich der Beklagte gegen seine Verurteilung zur Zahlung eines Schadensersatzes iHv 100 €.
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Er beantragt daher,
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das Urteil des LG Köln vom 24.8.2017 – 14 O 336/15 – abzuändern und die Klage hinsichtlich der beantragten Verurteilung zur Zahlung von Schadensersatz iHv 1.121,98 € zzgl. Zinsen iHv 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.12.2015 vollständig abzuweisen.
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Der Kläger beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Er verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens, auf das Bezug genommen wird. Er behauptet zudem, dass er bereits 2010 ein Foto kostenpflichtig für 300 € lizensiert habe, welches er auch auf wikimedia.org zur kostenlosen Nutzung eingestellt gehabt habe. Auch in 2017 habe er weitere Fotos kostenpflichtig lizensiert. Bei der Einstellung zur kostenfreien Nutzung unter der Creative Commons Lizenz handele es sich um eine Marketingstrategie ähnlich der kostenlosen Abgabe von Probeprodukten, die die Nachfrage nach den kostenpflichtigen Waren vorantreiben sollen.
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Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten
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Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
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II.
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Die zulässige Berufung hat auch in der Sache Erfolg. Dem Kläger steht letztlich kein Anspruch auf Ersatz eines materiellen Schadens nach § 97 Abs. 2 S. 3 iVm Abs. 1 S. 1 UrhG zu. Ebenso wenig besteht ein Schadensersatzanspruch gem. § 280 Abs. 1 BGB iV m dem Lizenzvertrag. Nach § 97 UrhG ist, wer das Urheberrecht widerrechtlich und schuldhaft verletzt, dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Da nach § 13 S. 1 UrhG dem Urheber u.a. das Recht auf Anerkennung seiner Urheberschaft am Werk zusteht, hat der Beklagte dadurch, dass er weder die verlangte Verlinkung vorgehalten hat noch den Kläger als Urheber am Bild benannt hat, das Urheberrecht des Klägers und auch die Pflichten aus dem Lizenzvertrag schuldhaft verletzt.
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- Die Pflicht zur Verlinkung und zur Urheberbenennung ergibt sich vorliegend ausdrücklich aus den Lizenzbedingungen, die auf der Internetseite wikimedia.org vorgehalten werden. Aus Ziff. 4c ergeben sich folgende Bedingungen:
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„If you Distribute or Publicly Perform the Work or any Adaptations or Collections, You must (…) keep intact all copyright notices for the Work and provide, reasonably to the medium or means You are utilizing: (1) the name of the Original Author (or pseudonym, if applicable) if supplied, (…), (iii) to the extent reasonably practicably, the URI, if any, that Licensor specifies to be associated for the work; (…).
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Unter Ziff. 7a. ist geregelt:
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„This License and the rights granted hereunder will terminate automatically upon any breach by You of the terms of this License (…)
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- Bei den CCBY-SA 3.0 handelt es sich um AGB, da sie für eine Vielzahl von Lizenzverträgen vorformuliert sind. Dass sie nicht von einer Vertragspartei, sondern von dritter Seite formuliert sind, schadet nicht. Ob die sog. „Heimfallklausel“ der Ziff. 7a auch also solche auszulegen und wirksam ist (Senat, Urteil v. 31.10.2014 – 6 U 60/14 -, juris, Rn. 87 f.) oder sie wegen der unklaren Bedingungen wie „reasonably to the medium or means“, „to the extent reasonably practicably“, nur als vertragliche Pflicht, aber nicht als auflösende Bedingung im Sinne einer echten Heimfallklausel gemeint ist (für die Regelungen auf pixelio.de s. KG, Urt. v. 7.12.2015 – 24 U 111/15-, juris, Rn. 7) – kann vorliegend dahingestellt bleiben, weil sich diese Frage auf die Höhe des Schadensersatzes nicht auswirkt (s.u.).
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- Die Creative Commons License „B2 (CCBY-SA 3.0) ist auch wirksam in den Lizenzvertrag der Parteien einbezogen worden. Da der Beklagte Unternehmer iSd § 14 BGB sein dürfte, gilt insbesondere § 305 Abs. 2 BGB nicht (§ 310 BGB), d.h. dass die Lizenzbedingungen nur auf Englisch vorgehalten wurden, schadet der wirksamen Einbeziehung nicht.
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- Der Rechtsstreit beschränkt sich letztlich auf die Frage, ob eine Verletzung der Bedingungen der Creative Commons Lizenz im vorliegenden Fall zu einem Schadensersatz, sei es aus § 97 UrhG oder § 280 BGB iVm dem Lizenzvertrag führt. Dazu hat der Senat bereits in dem im Beschwerdeverfahren zum PKH-Antrag des Beklagten für die erste Instanz ergangenen Beschluss (Senat, Beschl. v. 29.6.2016 – 6 W 72/16 – juris, Rn. 10 ff.) wie folgt ausgeführt:
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„Der Kläger, der Schadensersatz im Wege der Lizenzanalogie verlangt, hat sein Lichtbild unstreitig zur kostenlosen Nutzung zur Verfügung gestellt, wenn auch unter den Bedingungen der Creative Commons Lizenz. Eine Berechnung in Anlehnung an die MFM-Empfehlungen scheidet daher aus.
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Soweit der Kläger einen Lizenzkatalog, E-Mail-Korrespondenz sowie eine Rechnung über eine entgeltliche Lizenz vorlegt, so stammen diese Unterlagen alle aus dem Jahr 2015. Dass bereits 2012 trotz der Creative Commons Lizenz auch entgeltliche Lizenzen vergeben worden sind, ist vom Beklagten bestritten worden. Näherer Vortrag dazu seitens des Klägers fehlt. Überdies hatte im vorliegenden Fall der Kläger die Bildnutzung auch nicht auf Fälle der nicht-kommerziellen Nutzungen beschränkt, sondern ohne weitergehende Beschränkung das Lichtbild zur Nutzung bereitgestellt, so dass auch eine kommerzielle Nutzung, wie sie auf der Seite unter der Domain www.H.pro stattgefunden hat, unter den Bedingungen der Creative Commons-Lizenz unentgeltlich zulässig gewesen wäre.
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Der Kläger kann nach der Berechnung nach der Lizenzanalogie dasjenige verlangen, was vernünftige Parteien bei Abschluss eines Lizenzvertrages in Kenntnis der wahren Rechtslage und der Umstände des konkreten Einzelfalls als angemessene Lizenzgebühr vereinbart hätten. Die Lizenzanalogie kommt u.a. selbst dann in Betracht, wenn Lizenzverträge in der Praxis nicht üblich sind, das verletzte Recht seiner Art nach aber vermögenswert genutzt wird oder zumindest genutzt werden kann (vgl. Dreier/Schulze, UrhG, 5. Aufl., § 97 Rn. 61).
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Den „objektiven Wert“ der Nutzung eines unter der Creative Commons-Lizenz angebotenen geschützten Inhalts hat der Senat in seinem Urteil vom 31.10.2014 (6 U 60/14) mit Null angesetzt. Der vorliegende Fall gibt keine Veranlassung, von dieser Bewertung abzuweichen. Der Kläger hat sein Lichtbild sowohl für kommerzielle als auch nicht-kommerzielle Nutzungen, d.h. insgesamt kostenlos zur Verfügung gestellt, so dass nicht ersichtlich ist, welchen wirtschaftlichen Sinn eine weitere entgeltliche Lizenzierung daneben haben könnte. Da das öffentliche Zugänglichmachen bereits kostenlos möglich ist, liefe eine weitergehende kostenpflichtige Lizenz letztlich nur darauf hinaus, sich als Lizenznehmer von den Bedingungen der Creative Commons Lizenz zu befreien. Anhaltspunkte, die als Grundlage einer Schätzung nach § 287 ZPO dienen könnten, um den objektiven Wert einer solchen „Befreiung“ zu schätzen, sind nicht vorgetragen. Soweit der Kläger auf seine Lizenzkataloge, Korrespondenz und Rechnungen verweist, beziehen diese sich nicht nur allein auf 2015, sondern stellen zudem die Vergütung des Nutzungsrechts dar, obwohl der wirtschaftliche Wert einer entgeltlichen Lizenz allenfalls in der Befreiung von den Bedingung liegen kann. Dieser Wert lässt sich jedoch im Wege der Lizenzanalogie nicht berechnen.
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Gleiches gilt für die fehlende Urheberbenennung. Zwar wird vertreten, dass auch Werke, welche unter einer Open Content-Lizenz angeboten werden, über einen wirtschaftlichen Wert verfügten. Dies gelte insbesondere vor dem Hintergrund, dass Open Content-Lizenzen häufig zur Bewerbung des eigenen Werkschaffens genutzt würden. Der Urheber veröffentliche einen kleinen Ausschnitt seines Werkes, um dadurch sich und seine Werke besser vermarkten zu können. Hier müsse im Einzelfall entschieden werden, ob das jeweilige Werk in der konkreten Verwendung trotz des Open Content-Angebots einen wirtschaftlichen Wert habe oder nicht (vgl. Rauer/Ettig, WRP 2015, 153 ff., Rn. 30, m.w.N. – juris). Wenn vorliegend Lichtbilder sowohl für kommerzielle wie nicht-kommerzielle Nutzungen kostenlos frei gegeben werden und es an konkretem Vortrag fehlt, dass 2012 auch auf andere Weise als über die Creative Commons Lizenz Lichtbilder des Klägers lizenziert worden sind, ist kein wirtschaftlicher Wert der Namensnennung für den Kläger ersichtlich.“
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- Daran hält der Senat auch unter Berücksichtigung des weiteren Vorbringens der Parteien sowie der Entscheidungen des BGH v. 18.9.2014 (I ZR 76/13, CT-Paradies, juris) und des KG Berlin (aaO) fest.
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- Das KG Berlin hält im Rahmen der Creative Commons-Lizenz einen materiellen Schadensersatz wegen fehlender Urheberbenennung für berechtigt. Es führt aus, dass die unentgeltliche Lizensierung des betroffenen Fotos stark darauf hinweise, dass der dortige Kläger im Verletzungszeitraum u.a. das Foto – schon gar nicht in nennenswertem Umfang – zu den MFM-Sätzen tatsächlich lizensieren konnte und lizensiert hat, sondern auf das dortige Geschäftsmodell mit unentgeltlicher Lizensierung unter Urheberbenennung ausweichen musste, etwa um sich zunächst einen gewissen Ruf zu erwerben. Das führe aber bei der Schadensschätzung nach § 287 ZPO nicht zur völligen Versagung eines Lizenzschadens, wohl aber zur Begrenzung auf den Schätzbetrag von 100 € wegen unterlassener Urheberbenennung (KG Urt. v. 7.12.2015 – 24 U 111/15, juris, Rn. 7).
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- Der BGH hat in der o.g.Entscheidung „CT-Paradies“ ausgeführt, dass es rechtlich unbedenklich sei, in einem Fall wie dem vorliegenden (kostenlose Nutzungseinräumung bei Einhaltung der Verlinkung) auf den wirtschaftlichen Wert der durch den elektronischen Verweis bewirkten Werbung für die Internetseite des dortigen Klägers abzustellen (aaO, juris, Rn. 75). Auch die Verdoppelung des Wertes wegen fehlender Urheberbenennung hat der BGH dort unbeanstandet gelassen.
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- Nach alledem ist auch im vorliegenden Fall zunächst von dem vom BGH gebilligten Ansatz auszugehen, dass auf den wirtschaftlichen Wert der durch den verlangten elektronischen Verweis bewirkten Werbung für den Kläger abgestellt und bei fehlender Urheberbenennung eine Verdopplung in Betracht gezogen werden kann. Die Anwendung dieses Ansatzes führt vorliegend jedoch nicht zu einem Schadensersatzanspruch des Klägers.
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- Nach der vom Kläger gewählten Berechnungsart der Lizenzanalogie nach § 97 Abs. 2 S. 3 UrhG kann er das ansetzen, was verständige Vertragsparteien vereinbart hätten und zwar bei Kenntnis der jetzigen Sachlage (BGH MDR 1990, 968, juris, Rn. 12). Zu einer eigenen Lizensierungspraxis hat der Kläger – wovon das Landgericht zutreffend ausgegangen ist – nicht ausreichend vorgetragen. Der in Bezug genommenen Lizenzkatalog, die vorgelegte E-Mail-Korrespondenz sowie Rechnungen beziehen sich zum einen auf das Jahr 2015 bzw. in der Berufungsinstanz auf 2017 und lediglich auf eine einzige Unterlage aus 2010. Zum anderen lässt sich den zur Akte gereichten Unterlagen nicht entnehmen, ob es sich überhaupt um freiwillige Lizenzvereinbarungen oder vielmehr – wie im vorliegenden Fall – um die Geltendmachung von Schadensersatz im Wege der „Nachlizensierung“ nach aufgedeckten Urheberrechtsverstößen handelt. So ist etwa den „Mahnungen“ an den Beklagten vom 21.2.2015 und 29.3.2015 auch nicht anzusehen, dass es sich dabei um die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gehandelt hat, da sie lediglich als „Lizenzierung des Bildes“ beschrieben sind.
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- Mangels hinreichender Darlegung einer Lizenzierungspraxis, die eine Vergütung von 500 € (verdoppelt auf 1.000 €) ergeben könnte, ist eine fiktive Lizenz zu schätzen, § 287 ZPO. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Kläger das diesem Rechtsstreit zugrunde liegende Foto kostenlos lizensiert hätte, wenn der Beklagte die Bedingungen (Link und Urheberbenennung) eingehalten hätte. Dass dies nicht die damals praktizierte ständige Lizensierungspraxis des Klägers gewesen wäre, lässt sich seinem Vorbringen nicht entnehmen. Fest steht, dass er Fotos kostenlos auf wikimedia.org angeboten hat und eine eigene Homepage/Internetseite vorhielt, deren Inhalt unbekannt ist. Auch heute noch hält er – neben einer gewerblichen Internetseite – unter der damaligen Domain eine rein private Internetseite vor, auf der er lediglich Fotos präsentiert. Soweit er eine einzige Unterlage mit der Berufungserwiderung vorlegt, aus der sich eine Lizenz von 300 € ergibt, handelt es sich auch nach seinem eigenen Vorbringen um einen Einzelfall, wobei der Vortrag ohnehin auch verspätet ist, § 531 ZPO. Da die Bilder kostenfrei angeboten worden sind, hätten vernünftige Parteien für die Nutzung als solche offensichtlich weder eine Lizenz gefordert noch gezahlt. Dies gilt unabhängig von der Frage, ob durch die Heimfallklausel die Nutzung ohne Einhaltung der Bedingungen von vornherein unberechtigt war oder – wie es das KG bzgl. der pixelio.de-Regelungen angenommen hat (aaO) – die Lizenzpflichten keine Bedingung im eigentlichen Sinne für die Nutzung darstellen.
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- Wie vom BGH in der CT-Paradies-Entscheidung unbeanstandet geblieben, ist im Fall der kostenlosen Nutzungsberechtigung bei Einhaltung von bestimmten Bedingungen ein pauschaler Schadensersatz wegen fehlender Verlinkung und fehlender Urheberbenennung zu schätzen. Die Schadensschätzung beruht dabei auf der Annahme, dass nach der Lebenswahrscheinlichkeit eine Vermutung dafür besteht, dass zumindest eine Verletzung mit dem Ziel der kommerziellen Nutzung zu einem Schaden geführt hat. Gegen diesen Beweis des ersten Anscheins ist der Gegenbeweis möglich und erforderlich, wenn der Verletzer das Fehlen eines Schadens als atypische Verletzungsfolge behauptet (Dreier/Schulze/Dreier/Specht, UrhG, 5. Aufl. § 97 Rn. 64). Ist ein Schaden zweifelsfrei gegeben und fehlen nicht jegliche Anhaltspunkte zur annähernden Bestimmung eines Schadens, so hat das Gericht eine Schätzung – ggfls. des Mindestschadens – vorzunehmen (Dreier/Schulze, aaO).
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Eine solche Vermutung besteht jedoch vorliegend nicht. Bei der Lizenzanalogie kommt es zwar grundsätzlich nicht darauf an, ob der Verletzte überhaupt lizensiert hätte oder hätte können. Es handelt sich um eine fiktive Lizenz. Es ist auch nicht erforderlich, dass eine Lizensierung üblich ist, sondern nur dass das geschützte Recht seiner Art nach vermögenswert genutzt wird oder jedenfalls werden kann (vgl. Dreier/Schulze-Dreier/Specht, § 97 UrhG, Rn. 61 mwN). Der Kläger hat sich im konkreten Fall jedoch gerade dafür entschieden, das Lichtbild nicht unmittelbar vermögenswert zu nutzen, indem er es kostenfrei zur Verfügung gestellt hat.
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Kommt es danach nur auf den wirtschaftlichen Wert der durch eine Verlinkung bewirkten Werbung für die Internetseite des Klägers an, ist vorliegend zu berücksichtigen, dass der Kläger gemäß seinem Antrag keine Verlinkung auf seine eigene Internetseite, sondern auf die Internetseite wikimedia.org begehrt hat. Der durch eine Verlinkung auf die Seite wikimedia.org bewirkte Werbewert für seine eigene Internetseite, deren Aufmachung und Gestaltung in 2012 ohnehin nicht dargetan ist, oder eine eigene geschäftliche Tätigkeit ist nicht ersichtlich. Der elektronische Verweis auf wikimedia.org wiederum führt nur zu weiteren kostenfreien Lichtbildern des Klägers sowie Dritter, sodass im konkreten Fall die Frage nach entgangenen Folgeaufträgen unbeantwortet bleibt. Es kann nach der allgemeinen Lebenswahrscheinlichkeit gerade nicht davon ausgegangen werden, dass dem Kläger durch die fehlende Verlinkung auf die Seite wikimedia.org ein Schaden entstanden ist, der für die Anwendbarkeit der Schadensberechnung nach der Lizenzanalogie aber vorausgesetzt wird (vgl. BGH GRUR 1993, 55, 57 – Tchibo/Rolex II -, beck-online). Anders mag dies bei einer unmittelbaren Verlinkung auf eine Angebotsseite des Urhebers selbst sein, auf der Dritte als potentielle Kunden auf weitere, auch vergütungspflichtige Lichtbilder des Urhebers stoßen könnten oder auf der der Urheber – wie im vom BGH entschiedenen Fall „CT-Paradies“ – ein gewerbliches Angebot vorhält. Dafür ist vorliegend nichts vorgetragen und auch sonst nichts ersichtlich. Wie hoch der Werbewert für den Kläger gewesen wäre, wenn auf die wikimedia.org-Seite verlinkt worden wäre, lässt sich – auch vor dem Hintergrund, dass der BGH sogar bei einer fehlenden Verlinkung auf eine gewerbliche Seite den Werbewert lediglich mit 10 € angesetzt hat (BGH, aaO, – CT-Paradies) – im vorliegenden Fall auch nicht mit einem Mindestschaden schätzen.
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- Die fehlende Urheberbenennung stellt zwar eindeutig einen Verstoß gegen § 13 S. 1 UrhG und die Lizenzbedingungen dar und kann sowohl zu materiellem als auch immateriellem Schadensersatz nach § 97 Abs. 2 UrhG führen. Immaterieller Schadensersatz im Sinne einer Billigkeitsentschädigung ist nicht verlangt. Dazu fehlt es auch an Vortrag zur Schwere des Eingriffs. Die Geltendmachung von materiellem Schadensersatz verlangt – wie bei der fehlenden Verlinkung – einen erkennbaren Schaden im Sinne eines wirtschaftlichen Wertes für den Urheber. So hat der BGH in der Entscheidung „Motorradteile“ (Urt. v. 15.1.2015 – I ZR 148/13 -, juris, Rn. 39) auch ausgeführt:
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„Nur wegen des Schadens, der Vermögensschaden ist, kann der Urheber oder der Lichtbildner seinen Schadensersatzanspruch nach § 97 Abs. 2 Satz 3 UrhG auch auf der Grundlage des Betrages berechnen, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung des verletzten Rechts eingeholt hätte. Die fehlende Benennung des Urhebers oder des Lichtbildners führt insbesondere dann zu einem Vermögensschaden, wenn dem Urheber oder Lichtbildner dadurch Folgeaufträge entgehen (vgl. Dietz/Peukert in Schricker/Loewenheim aaO § 13 UrhG Rn. 21a; Dustmann in Fromm/Nordemann aaO § 13 UrhG Rn. 30; Schulze in Dreier/Schulze aaO Vor § 31 Rn. 287; Dreyer in Dreyer/Kotthoff/Meckel, Urheberrecht, 3. Aufl., § 13 UrhG Rn. 50).“
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Entgangene Folgeaufträge sind aber vorliegend aus den bereits genannten Gründen nicht ersichtlich. Ein Schaden ließe sich nur begründen, wenn man generell darauf abstellt, dass mit jeder Urheberbenennung theoretisch Folgeaufträge möglich sind, d.h. wenn man eine bloß theoretische Verdienstchance mit einem Schaden gleichsetzen würde.
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- Dieses Ergebnis widerspricht auch nicht dem im Rahmen der Lizenzanalogie geltenden Grundsatz, dass der Verletzer nicht besser, aber auch nicht schlechter gestellt werden soll, als er im Falle einer ordnungsgemäß erteilten Erlaubnis durch den Rechteinhaber gestanden hätte (BGH, Urt. v. 17.6.1992 – I ZR 107/90 – Tchibo/Rolex II, juris, Rn. 32). Denn auch Letzterer hätte in der vorliegenden besonderen Konstellation keine Lizenz gezahlt, sondern das Lichtbild kostenlos genutzt, dabei aber die Bedingungen eingehalten. Der Verletzte hingegen ist bei Zubilligung eines materiellen Schadensersatzes finanziell möglicherweise besser gestellt, als er bei ordnungsgemäßem Verhalten des Beklagten gestanden hätte. Dafür könnte – ohne dass es entscheidend darauf ankäme – die unbestrittene Behauptung des Beklagten sprechen, dass der Kläger zugegeben habe, in 2015 über 100.000 € mit Nachlizensierungen erwirtschaftet zu haben.
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Zwar soll der bösgläubige Verletzer nicht stets genauso gestellt werden wie der ordnungsgemäße Lizenznehmer, sondern es können beim Verletzer auch Rufausbeutung, Imageschäden oder Marktverwirrung oder besondere Verletzervorteile lizenzerhöhend berücksichtigt werden (vgl. BGH, aaO,- Tchibo/Rolex II, juris, Rn. 21, 31. Dennoch wird nach wie vor an dem objektiven Wert des verletzten Rechts festgehalten und es soll der Verletzer nach wie vor nicht besser, in Übereinstimmung mit dem schadensrechtlichen Bereicherungsverbot aber auch nicht schlechter gestellt werden als der ordnungsgemäße Lizenznehmer (Dreier/Schulze, aaO, § 97 Rn. 62). Zu berücksichtigen ist daher vorliegend auch, dass eine Bösgläubigkeit des Beklagten nicht festgestellt worden ist. Er hat vorliegend nur fahrlässig gehandelt und sich jedenfalls um eine – wenn auch unzureichende – Urheberbenennung bemüht. Weiter ist ihm dadurch, dass er das Foto lizenzwidrig genutzt hat, auch kein unmittelbarer Vermögensvorteil zugeflossen, der lizenzerhöhend zu berücksichtigen wäre.
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- Soweit zum Teil vertreten wird, bei dem Aufschlag wegen fehlender Urheberbenennung handele es sich rechtlich betrachtet um eine Vertragsstrafe (so KG AfP 2013, 409, 411 mwN, juris), sodass es nicht auf die Grundsätze der fiktiven Lizenz ankomme, ist die Vereinbarung einer solchen vorliegend jedenfalls nicht ersichtlich.
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- Schließlich wird im Schrifttum teilweise generell der pauschale Aufschlag von 100%, der auf eine angebliche Verkehrsüblichkeit gestützt werde, kritisiert (Limper/Musiol-Behem/Rachow, Handbuch des Fachanwalts-Urheber- und Medienrecht, 21. Kap. Rb. 110). Danach lasse sich ein Aufschlag begründen, wenn das Lizensierungsmodell des Verletzten einen solchen Aufschlag enthalte und durchgesetzt werde; denn dann könne davon ausgegangen werden, dass der Preisaufschlag Bestandteil der angemessenen Lizenz geworden wäre. Gleiches gelte, wenn ein Verletzter darlegen könne, dass in seinen AGB ein solcher Aufschlag für unterbliebene Urheberbenennung enthalten ist. Weiter gebe es Fälle, bei denen das genutzte Werk eine so große Verbreitung oder einen so großen Aufmerksamkeitswert hatte, das eine Namensnennung für die Reputation und den Geschäftsbetrieb mit so hoher Wahrscheinlichkeit Vorteile gebracht hätte, dass auch von einem materiellen Schaden ausgegangen werden könne, der zwar nicht konkret kausal dargelegt werden kann, aber pauschale Aufschläge auf die Grundlizenzen rechtfertige (Limper/Musiol-Behem/Rachow aaO. mit Verweis auf Fromm/Nordemann-Nordemann, § 97 Rn. 101 mwN). Dabei könne daran angeknüpft werden, dass bei einer Verletzung von Nutzungsrechten bereits der Eingriff in die allein dem Rechtsinhaber zugewiesene Nutzungsmöglichkeit als solcher zu einem Schaden iSd Schadensersatzrechts führe. Dieser Eingriffsschaden dürfe eine am Einzelfall orientierte Schätzung tragen, die je nach Verbreitung und Aufmerksamkeitswert der verletzenden Nutzung durchaus zu Aufschlägen bis zu 100% führen könne (Limper/Musiol-Behem/Rachow aaO). Nach dieser Ansicht kommt vorliegend ebenfalls kein Schadensersatzanspruch in Betracht.
48
III.
49
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
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Für die Zulassung der Revision besteht kein Anlass. Der Senat weicht mit seiner Entscheidung weder von einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs ab noch hat die Sache über die Rechtsanwendung auf den Einzelfall hinaus grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 ZPO). Im Übrigen beruht die Entscheidung auf einer Würdigung der konkreten Umstände des Einzelfalles.
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Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 100 EUR festgesetzt.
Quelle: OLG Köln